Vademecum – Handreichung für wissenschaftliche Arbeiten am Lehrstuhl Empirische Kommunikationsforschung (Prof. Andreas Fahr)

2.6. Wissenschaftliche Sprache, Formulierungen und Formulierungsfehler

Bedienen Sie sich bei einer wissenschaftlichen Arbeit auch der wissenschaftlichen Sprache. Das heisst nicht, dass Sie sich möglichst kompliziert ausdrücken und wissenschaftlich „klugscheissern“ sollen!

Versuchen Sie:

  1. … in möglichst einfachen Worten zu formulieren. Es ist eine Kunst, klar und verständlich zu schreiben. Kompliziert kann jeder ...
  2. … das korrekte Fachvokabular zu nutzen (v. a. im Methodenteil, bei der Stichprobenbeschreibung und im Ergebnisteil) wie Mittelwert, Standardabweichung, Minimum / Maximum etc.
  3. … insbesondere folgende Formulierungen bzw. Stilformen zu vermeiden (Tabelle 1).


Tabelle 1.

Zu vermeidende Sätze und Ausdrücke in wissenschaftlichen Arbeiten

Vermeiden Sie …

…wie beispielsweise...

...denn besser ist

Ich-/ Mein-/ Unser-/ Wir-Konstruktionen

Wir haben ein Codebuch entwickelt und unsere hat dabei ergeben...“

  • Passivform: „Die Kategorien des Codebuchs wurden deduktiv sowie induktiv hergeleitet.“
  • Nominalstil: „Als Basis der Beschreibung der Persönlichkeit dienten die Big Five-Persönlichkeitsfaktoren.“ ersetzt lange Passivkonstruktionen.

Floskeln, Allgemeinplätze oder unbelegte Allgemeinaussagen

"natürlich", "kompliziert", "überhaupt", "letztendlich", "es ist allgemein bekannt", "wie man hört",  "die Tatsache, dass" usw. …

ein präziser Schreibstil: „Das Beispiel des amerikanischen Wahlkampfs zeigt, dass…“

Reine Aufzählungen, das Aneinanderreihen von Fremdworten, Verklausulierungen

„Die Akkumulation involontär nicht in Arbeitsrechtverhältnissen gebundenen Erwerbspersonen im klassischen Journalismus ist gestiegen“.

„Die Arbeitslosigkeit im klassischen Journalismus ist gestiegen.“

Superlative, blumige Adjektive, explizite / implizite Wertungen

  • „Dies hat enorme Auswirkungen auf …“
  • „Unglücklicherweise liess sich die Hypothese nicht bestätigen.“
  • „Dies hat Auswirkungen auf…“
  • „Die Hypothese liess sich nicht bestätigen.“

Umgangssprachliche Formulierungen

„Es ist ja klar, dass…“

„Wie gezeigt werden konnte, …“

Schwache Verben, unpräzise Formulierungen

„Im Folgenden geht es um Design, Auswahl der Teilnehmenden und das Untersuchungsinstrument.“

„Im folgenden Abschnitt werden Design, Auswahl der Teilnehmer sowie das Untersuchungsinstrument erläutert.“

Doppelte Negationen, Tautologien

  • „Der Effekt der sozialen Erwünschtheit spielt keine unwichtige Rolle.“
  • „Es könnte möglicherweise der Fall sein, dass die Befragten in der Situation... .“
  •  „Der Effekt der sozialen Erwünschtheit spielt eine wichtige Rolle.“
  • „Es ist zu vermuten/ erwarten, dass die Befragten in der Situation...“

Wechsel der Zeitformen innerhalb eines Abschnitts

„Das Experiment wurde mit Studierenden der Uni Fribourg durchgeführt. Da die Hälfte der Proband_Innen zweisprachig ist, muss das Untersuchungsmaterial in Französisch und Deutsch aufbereitet werden.“

„Das Experiment wurde mit Studierenden der Uni Fribourg durchgeführt. Da die Hälfte der Proband_Innen zweisprachig war, musste das Untersuchungsmaterial in Französisch und Deutsch aufbereitet werden.“

Das Zeichen „&“ im Fliesstext

Zeitungen & Zeitschriften

Zeitungen und Zeitschriften

Ausschreiben von Prozentzeichen und Zahlen (eins bis zwölf) im Fliesstext

Der Frauenanteil in der Stichprobe betrug 12%.

Der Frauenanteil in der Stichprobe betrug zwölf Prozent.

Weitere Fehler, die oft gemacht werden - und die Sie leicht vermeiden können:

  • Hypothesen werden formuliert, aufgestellt, geprüft - und NICHT beantwortet, untersucht …
  • Forschungsfragen werden formuliertgestellt, beantwortet- und NICHT untersucht, …
  • Wenn eine Variable dichotom skaliert ist, dann kann keine Hypothese mit "je … desto" formuliert werden, sondern nur, dass Ausprägung a gegenüber Ausprägung b der Variable X zu mehr/weniger Y führt. Also NICHT: "Je stärker binge watching betrieben wird, umso stärker ist das Transportationserleben". Sondern: "Binge Watching führt gegenüber Appointment Viewing zu einem ausgeprägteren Transportationserleben". Oder: "Beim Binge Watching ist das Transportationserleben ausgeprägter als beim Appointment Viewing".

Prof. Dr. Andreas Fahr & Team | PER 21, Büro F340 | andreas.fahr@unifr.ch